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  • AutorenbildMonika Toews

Mama sein in Corona-Zeiten - Ein Brief an meine Kinder

Aktualisiert: 17. Feb. 2021


Gerade als ich diesen Brief fertig geschrieben hatte, bekam ich eine Email von der Schule. Mein Kleinster muss für 5 Tage in Quarantäne, es gibt eine Corona-Infektion in seiner Klasse. Plötzlich ist es ganz nah. Was wir bislang nur aus der Ferne und aus Erzählungen von Freunden kannten – ist bei uns nun auch angekommen. Mit ganz viel Liebe werden wir auch das noch überstehen!


Drückt uns die Daumen, dass wir wenigstens gesund unter dem Christbaum sitzen können.



Hey Jungs,


unser Familienleben hat sich verändert im Jahr 2020. Ihr habt lange die Vorteile gesehen – wenn es um das Thema Homeschooling ging. Endlich länger schlafen. Mehr Zeit mit Mama und Papa. Mehr PS4, mehr spielen, mehr einfach gar nichts tun. Chips und Kekse zum Frühstück. Ich habe viele selbst auferlegte Regeln gehabt, mittlerweile aber fast allege brochen. Ehrlich gesagt macht sich in mir langsam ein ist mir egal Gefühl breit. Hauptsache, Eure Laune bleibt gut und ihr streitet nicht den ganzen Tag. Warum sich dieses Gefühl in mir breit macht? Weil meine Laune gerade richtig schlecht ist. Aber es ist noch mehr, es ist nicht nur eine Laune. Es ist riesengroßer Weltschmerz.



Für Euch bin ich der Leuchtturm an der Hafeneinfahrt, die große Mama, die lustige Mama, die zuversichtliche Mama, die Mama – die auf alles eine Antwort weiß oder wenn Sie keine weiß bestimmt jemanden kennt der die Antwort weiß. Doch so leicht wie zum Beginn der Pandemie ist es nicht mehr. Denn ich bin einfach nur traurig. Ich bin traurig, wenn ich an die vielen Dinge denke, die wir nicht machen konnten und vielleicht auch in naher Zukunft noch nicht machen können. Machen dürfen. Gerade dieses Jahr wurde und wird alles anders und ich wünsche mir so sehr, dass es endlich vorbei wäre. Aber es ist, wie es ist. Und es bricht mir das Herz. Gerade im Ausblick auf Weihnachten. Nicht für mich, sondern für Euch.


Ich wünsche Euch die beste aller Kindheiten. Unbeschwertheit, Freude, Freiheit, Spaß und ganz viel Zeit mit Euren Freunden. Gerade spüre ich nichts davon. Ich spüre Anspannung, Stress, Sorgen. Geht nicht so nah an die anderen Kinder. Nein Freunde können nicht zu uns. Nein, kein Fußball heute. Hustet in den Ellenbogen. Zieht Eure Maske über die Nase. Fasst nicht alles an. Nein, wir können nicht alle gemeinsam einkaufen gehen.



Gleichzeitig versuche ich zu arbeiten. So gut es geht. Ihr seid zu Hause im Homeschooling, Papa im Homeoffice und ich wechsle, zwischen Präsenz im Büro (in meinem Hauptjob) und meiner Tätigkeit für RINGANA von zu Hause, hin und her. Irgendwie dazwischen noch schnell die Hausarbeit erledigen und am besten stets ein Lächeln für Euch auf dem Gesicht haben.


Ihr seid jetzt da, wenn ich in Videokonferenzen mit Interessenten spreche und wenn ich dringende Anrufe beantworte die nicht warten können. Ihr seid da, wenn ich staubsauge, wenn ich Wäsche zusammenlege oder bügle. Ihr seid davon genervt, dass ich nicht ausreichend Zeit für Euch habe, wenn Ihr zuhause seid. Und ihr seid zu recht genervt. So soll es nicht sein, das Familienleben. Ich arbeite egal ob im Job oder im Haushalt und ihr bräuchtet eigentlich Hilfe bei Euren Schularbeiten. Manchmal sage ich nur um euch etwas Gutes tun zu können, spielt doch ein bisschen FIFA21 bis ich fertig bin, dann kann ich Euch helfen. Das sollte eigentlich nicht die Lösung sein.


Ihr wollt ja lernen und eigentlich geht ihr auch gerne zur Schule. Doch wann es nach den Ferien im Jahr 2021 wieder in die Schule geht, das weiß niemand. Ein paar Wochen noch, sage ich meist. Aber ich weiß es nicht genau. Zu Hause lernen findet Ihr zwar nicht ganz so blöd aber Eure Freunde und Eure Lehrer fehlen dann doch recht bald. Soll ich Euch etwas sagen, ich finde es blöd, saublöd! Ich will nämlich nicht Eure Lehrerin sein, ich will Eure Mama sein.



Heute ist Tag zwei des erneuten Lockdowns und niemand kann sagen, ob es Tag zwei von tatsächlich 26 Tagen ist oder Tag zwei von 126 Tagen. Ich kann Euch nicht sagen, wann Ihr wieder Fußballspielen dürft in euren so schmerzlich vermissten Fußballmannschaften, mit denen ihr seit über einem Monat nicht mehr gekickt habt. Gerade kann ich nicht mal sagen, ob wir in ein zwei Wochen überhaupt noch das Haus verlassen können. Wer weiß wie sich unsere Mitmenschen an Weihnachten und Sylvester verhalten werden. Ob sie sich an die Vorgaben halten. Hoffen wir es! Damit die „Normalität“ bald zurückkehren kann. Sofern es überhaupt noch jemals so „normal“ wird wie davor – denn was ist normal?


Gleichzeitig weiß ich, wie gut wir es haben im Gegensatz zu so vielen Familien in unserem Land. Es gibt Familien mit Existenzängsten und Familien die diese bereits vor Corona hatten und nun komplett am Boden sind. Es gibt so viele Kinder, die es jetzt gerade nicht gut haben bei ihren Eltern. Die sich nicht wie Ihr darauf freuen, ein paar Wochen mit ihren Eltern zu verbringen. Die Angst haben vor dieser Zeit. Und es gibt Kinder, die gerade gar nicht bei ihren Eltern sein können. Die ganz alleine sind und kein Zuhause haben. Wir haben es gut – Ihr habt es gut!


Ich weiß, dass ich auf hohem Niveau jammere und ich weiß das ich zu Euch immer sage jammern ist keine Option. Aber mein Mama Herz leidet gerade sehr.

Mir fehlt einfach die Zuversicht, wenn ich auf die Straße gehe, um einzukaufen und ich die vielen Menschen sehe, die zusammenstehen und ratschen. „Warum halten so viele Menschen nicht den nötigen Abstand? Warum halten sich so viele nicht an die einfachsten Regeln?“ Am liebsten würde ich ihnen sagen, dass sie damit nicht nur Ihre und die Gesundheit anderer gefährden sondern auch Euch die Chance auf ein einigermaßen normales Leben rauben.



Vielleicht ist das Christkind dieses Jahr ein wenig großzügiger, auch wenn Eure Wunschzettel eigentlich bescheiden klangen. Doch Eure Wünsche nach Spaß mit Freunden, Fußball, Skifahren und Winterurlaub kann ich Euch leider nicht erfüllen. Am schlimmsten finde ich aber, dass ich meinen größten Wunsch für Euch – den einer sorgenfreien Kindheit – gerade nicht erfüllen kann.


Ich werde stark sein und ich werde weiterhin Euer Leuchtturm sein der Euch in Dunkelheit, schlechter Sicht und hohem Wellengang den Weg weisen wird. Ich versuche, zuversichtlich zu sein, doch vor Allem werde ich Euch unterstützen in Eurem Tun und für Eure Träume und Wünsche kämpfen.


EURE Mama

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